Pornographie, Pornografie, Pornosucht, Sucht, Sexsucht, Sex- und Pornosucht, süchtig, sexsüchtig, Therapie, Beratung, Selbsthilfe, Selbsthilfegruppe, Info, Infoportal, Seelsorger, Berater, Therapeuten, Angehörige, Betroffene, Befreiung, Freiheit Krankheit?

Krankheit oder Verhaltensproblem?


Ist Sucht/Abhängigkeit eine Krankheit?
Im 18. Jh bezeichneten englische Ärzte Trunksucht (die damals zentrale Sucht in Europa) zum ersten Mal als Krankheit. In Deutschland hat das Bundessozialgericht 1968 das Urteil gefällt, dass Alkoholismus als Krankheit im Sinne der Reichsversicherungsverordnung anerkannt wird. Ab diesem Zeitpunkt kamen die Versicherungen für die Kosten der Behandlung auf. Zudem wurden die Betroffenen nicht mehr so geächtet.

Das ist für mich die einzig legitime Begründung, Abhängigkeit als Krankheit zu bezeichnen. Jede Form der Abhängigkeit bezeichne ich ansonsten nicht als Krankheit, weil sie den Betroffenen und der Umwelt etwas falsches suggeriert: einen Krankheit bekommt man oder eben nicht (in der Regel). Ich trage zufällig, unabsichtlich, selten absichtlich etwas dazu bei, krank zu werden bzw. krank zu sein. Mit Sucht steckt man sich nicht an, von ihr wird keiner befallen. Damit entsteht ein fatales Missverständnis, dass die Abhängigen gerne für sich in Anspruch nehmen und in der Beratungs- und Gruppenarbeit immer wieder zu beobachten ist: die fehlende Übernahme von Verantwortung für den Veränderungsprozess, Opferhaltung, Selbstmitleid!

Als diagnostische Kategorien kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht:
- sexuelle Störung (ICD 10 F 66.9)
- Paraphilien (ICD 10 F 65.9)
- Störung der Impulskontrolle, (ICD 10 F 63.9) oft im Zusammenhang mit
- posttraumatischer Belastungsstörung (ICD 10 F 43.1)
- Störung durch psychotrope Substanzen (ca. 60% der SA)
- Anpassungsstörung (ICD 10 F 43.8) (mit Beeinträchtigung der beruflichen und sozialen Tätigkeiten)

Die Angaben zur Häufigkeit schwanken, eine umfassende Studie zur Prävalenz steht derzeit noch aus. Schwierig ist die genaue Definition des Begriffs. Nennen wir nur diejenigen sexsüchtig, die wegen süchtigen sexuellen Verhaltens in extremer Not sind (ähnlich wie etwa ein alkoholkranker Obdachloser) bekommen wir ganz andere Zahlen, als wenn wir auch die im Alltag integrierten Menschen mit hinzunehmen, die sexuell süchtiges Verhalten zeigen.
Während P. Carnes in den USA viele verschiedene Bereiche darunter subsummiert und auf 3-6% Prävalenz in der erwachsenen Allgemeinbevölkerung kommt, sind europäische Autoren sehr viel zurückhaltender. So vermutet der Zürcher Psychiatrie Professor C. Buddeberg eine Prävalenz von Sexsucht lediglich im Promillebereich.
Männer und Frauen sind betroffen, jedoch sind wohl deutlich mehr Männer wie Frauen sexsüchtig. Die wenigen zugänglichen Zahlen deuten auf einen ca. 70-80% Männer ~ respektive 20-30% Frauenanteil. Tatsache ist: Eine Vielzahl von Betroffenen bekamen insbesondere durch die Bücher von Patrick Carnes und sein Auftreten in den Massenmedien Mut, haben sich geoutet und viele Selbsthilfegruppen gegründet. Derzeit gibt es in den USA etwa 5 vollstationäre und 50 Tagesklinikeinrichtungen spezifisch für Sexsüchtige.


(ersetze Drogen- mit Pornokunsum und unter Risikofaktoren würde ich "keine Lehrstellen" und "schlechte Schulleistungen" anders besetzen.)


icd-11 (gültig ab 01.01.2022)
6C72 - Zwanghafte Störung des sexuellen Verhaltens

Eine zwanghafte Störung des sexuellen Verhaltens ist gekennzeichnet durch ein anhaltendes Muster des Versagens bei der Kontrolle intensiver, repetitiver sexueller Impulse oder ein Drängen, das zu repetitivem Sexualverhalten führt. Zu den Symptomen können wiederholte sexuelle Aktivitäten gehören, die zu einem zentralen Schwerpunkt des Lebens der Person werden, bis hin zur Vernachlässigung der Gesundheit und der persönlichen Pflege oder anderer Interessen, Aktivitäten und Verantwortlichkeiten; zahlreiche erfolglose Bemühungen, wiederholtes sexuelles Verhalten signifikant zu reduzieren; und fortgesetztes wiederholtes sexuelles Verhalten trotz negativer Folgen oder geringe oder gar keine Befriedigung daraus. Das Muster der Unterlassung der Kontrolle von intensiven, sexuellen Impulsen oder Drängen und das daraus resultierende wiederholte sexuelle Verhalten manifestiert sich über einen längeren Zeitraum (z.B. 6 Monate oder mehr) und verursacht ausgeprägte Bedrängnis oder erhebliche Beeinträchtigung in persönlichen, familiären, sozialen, schulischen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.Eine Not, die ausschliesslich mit moralischen Urteilen zusammenhängt, und eine Missbilligung von sexuellen Impulsen, Drängen oder Verhaltensweisen beinhaltet, reicht nicht aus, um diese Anforderung zu erfüllen.